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Stadtmagazin Braunschweig, Ausgabe August 2015, Seite 78-79

 

Immer noch winzig – Das Kult ist umgezogen

Immer noch nicht größenwahnsinnig. Thomas Hirche legt Wert darauf, dass sein Kult-Theater auch nach dem Umzug in den Schimmelhof das kleinste der Stadt sei. „Das U 22 im Staatstheater zählt nicht, weil’s ja im Kleinen Haus ist“, betont er und lacht verschmitzt.
Herrlich entspannt, dieser Mann, und dabei doch eine eierlegende Wollmilchsau auf zwei Beinen: Theaterdirektor, Künstlerbetreuer, Techniker, Werbemanager, Spieler, Kartenabreißer und Putzmann in einer Person.
Der Herr Direktor pflegt seine Gäste am Ende der Vorstellung mit Handschlag zu verabschieden. Eine nette Geste, die inzwischen vom Publikum eingefordert wird.


Im August 2012 hatte der visionäre Kleinstkünstler, einst Schlosser und Drogenberater, heute 47 Jahre alt, von sich reden gemacht, als er in einer kleinen Wohnung am Hagenmarkt sein Kult-Theater eröffnete – ganz ohne städtische Zuschüsse. KULT: das steht für KleinkunstUnterhaltungsLiteraturTheater.
Im Mai musste er raus aus der Wohnung und ging ins Exil – ins Café Flora in der Gärtnerei Volk im Hasenwinkel. Eine gastfreundliche Behausung im schwülen Grünen, aber eben kein Dauerzustand.


Inzwischen aber ist alles gut geworden. Mit den Räumen im Schimmelhof – Einfahrt von der Ludwigstraße – scheint Hirche angekommen. Schöne Räume, Industriecharme. Mit Parkplätzen vor der Tür und netten Nachbarn.


Im neuen Kult gibt’s ein „Großes Haus“ und ein „Kleines Haus“. Typisch Hirche-Humor. Das eine fasst etwa 70 Zuschauer, das andere 45.
Eine Bühne für Kleinkünstler, Zauberer, Papiertheater, Bauchredner, Entertainer, darstellende Künstler und noch mehr verrücktes Volk will Hirche bieten. Und seine eigenen Sachen machen. Derzeit tüftelt er mit Matthias Köninger und Kathrin Nagel (Regie) ein Figurentheaterstück für Erwachsene aus: „Herr King und der Untergang des guten Geschmacks“. Premiere soll im März sein.

Auch Jazzkonzerte kann er sich in den neuen Räumen vorstellen, Seminare und die Nutzung als Atelier. Derzeit bietet Hirche dort einen Lehrgang für Straßentheater an. Außerdem vermietet er unter: Gerade erst hat die Buchhandlung Graff ihre Veranstaltungsreihe „Graff 27“ in den Schimmelhof verlegt– Lesungen an ungewohntem Ort.


Noch ist viel zu tun.Den Holzfußboden verlegen gerade Schüler der Johannes-Selenka-Schule, Außenstelle Schimmelhof. Ein Projekt im Rahmen der Berufsbildung. Auch Toiletten müssen noch gebaut werden. In der Übergangszeit helfen die netten Nachbarn aus: „Die stellen das Männerklo!“

Erst Café Flora, dann der Umzug

Thomas Hirche geht mit seinem Kleinkunst-, Unterhaltungs- und Literatur-Theater ins Exil.

Von André Pause, 16.03.2014.
Braunschweig. Knapp zwei Jahre lang war das Kleinkunst-, Unterhaltungs- und Literatur-Theater (kurz: das Kult) von Thomas Hirche eng verknüpft mit der kuscheligen Lokalität am Hagenmarkt. Das ist demnächst Geschichte. „Mein Kult geht ins Exil“, erzählt Hirche lächelnd.
Aber das ist noch nicht alles. Eine anstehende Umbaumaßnahme, die im Mai beginnt, hat der Theatermacher zum Anlass genommen, neu über sein immobiles Wirkungsfeld nachzudenken. Das Ergebnis der Überlegungen: Das Kult soll größer werden, ohne seinen besonderen Charme zu verlieren. Am Hagenmarkt ist eine Expansion nicht möglich, was bedeutet, dass Braunschweigs kleinste Bühne umziehen muss.

Bevor es im Herbst dieses Jahres aller Voraussicht in ein neues, erheblich größeres Domizil in innerstädtischer Lage geht („Die Verhandlungen laufen, aber es ist noch nicht wirklich spruchreif“), verlegt Hirche den Theatersommer ins Café Flora im Hasenwinkel, das die Lebenshilfe mit großem Engagement in der Gärtnerei Volk betreibt. „Dass das alles so funktioniert, ist total großartig. Ansonsten hätte ich das Theater den ganzen Sommer nicht betreiben können“, skizziert Hirche, der zum temporären Spielort gekommen ist, wie die Jungfrau zum Kind. Jedenfalls ungefähr. Die Sponsorensuche führte den Vollblut-Theaterer mit Matthias Köninger zusammen.

Und der ist, wie es der Zufall will, nicht nur Profimusiker, sondern auch Ehemann von Susanne Köninger, der Geschäftsführerin besagter Gärtnerei. „Das Sponsorengespräch hat zehn Minuten gedauert, dann haben wir uns drei Stunden im Gespräch kennengelernt“, berichtet Hirche. Der Kontakt war da.
Im komprimierten Café-Flora-Programm sind nun zunächst zwei Veranstaltungen pro Monat geplant, jeweils freitags im Anschluss an den Cafébetrieb. Den Satiriker Thorsten Stelzner konnte Hirche für eine Lesung gewinnen, und auch ein Abend mit Zauberei ist fest eingeplant. Während am Restprogramm und der exakten Zeitenfestlegung noch gefeilt wird, steht der erste Termin bereits fest.


Am 17. Mai ist Auftakt. Und auch, wenn eine Bespielung des Cafés durch das Kult über den Sommer hinaus erst einmal nicht vorgesehen ist, zeigt sich Janet Grüning, die zuständige Projektleiterin der Lebenshilfe, sehr angetan: „Wir hatten immer den Plan, etwas in diese Richtung zu machen. Vom Kult habe ich vorher schon gehört. Als ich das Programm gelesen habe, dachte ich mir, das passt.“ Passen soll es im Herbst auch mit der neuen Lokalität für das Kult. „Ziel ist dann, die ganze Woche Theater zu machen“, blickt Thomas Hirche voraus. „Die Aufgabengewichtung wird sich natürlich verändern. Ich werde sicherlich weniger selber spielen, dafür mehr Impressario und Theaterdirektor sein.“


Die erste Figurentheaterproduktion für Erwachsene, die am neuen Ort Premiere feiern soll, ist unterdessen schon in Arbeit. „Herr King und der Untergang des guten Geschmacks“ ist der vielsagende Titel. Eine Zusammenarbeit mit – wie sollte es anders sein – Matthias Köninger.Braunschweiger Zeitung, 23.12.2013

Thomas Hirche zeigt in seinem Papiertheater Jules Vernes „In 80 Tagen um die Welt“

Von Ann Claire Richter
„In 80 Tagen um die Welt“ in 70 Minuten. Thomas Hirche ist ein ganz Flotter. Der Theaterdirektor begibt sich auf eine rasante Zeitreise ins Jahr 1872 – frei nach dem berühmten Roman des großen Fantasten Jules Verne.
Die spannende Geschichte wird auf einmalige Weise erzählt: in einem kleinen Papiertheater mit versetzten Kulissen, so dass ein raffinierter 3-D-Effekt entsteht. Sehr niedlich. Hirche schiebt alle Figürchen selbst und übernimmt auch sämtliche Sprechrollen. Sogar die mit französischem Akzent.


Höchstens 20 Zuschauer lässt Hirche bei diesem Stück im kleinsten Theater Braunschweigs zu. „Säße das Publikum zu weit am Rand, könnte es nicht auf die kleine Bühne schauen“, erläutert der multifunktionelle Theaterdirektor.
Papiertheater hat eine 250-jährige Tradition in Europa. „Sie waren früher so etwas wie die Fernseher ihrer Zeit“, sagte Hirche. Untermalt mit Hausmusik, die damals ein jeder beherrschte. Echte Biedermeieridylle zum Sonntagskaffee in der guten Stube. Erst später seien die Papiertheater in die Kinderzimmer umgezogen.


Hirches Bühne allerdings ist nicht alt. „Man kann sich Kulissen heute im Internet bestellen und sie selbst zusammenbauen.“ Für das Verne-Stück hat Hirche die Bühnen-Deko noch ein bisschen mit eigenen Einfällen aufgepeppt. Denn er mag an der Sache besonders das Verspielte. So hat er auch eine Westermann-Landkarte aufgehängt und mit kleinen Leuchtdioden versehen. So lässt sich die Reiseroute leuchtend nachvollziehen: London, Paris, Suez, Kalkutta, Bombay …
Worum es geht? Ein reicher englischer Gentleman, ein Exzentriker in Sachen Pünktlichkeit und Ritualen, wettet, dass es ihm gelingen werde, in 80 Tagen um die Welt zu reisen. Noch am selben Abend bricht er mit seinem Diener auf, den Beweis anzutreten …

Hardy Crueger – Der Untergang – Szenische Lesung im Das Kult, Braunschweig

Von Matthias Bosenick (17.11.2013)
Als wenn Roland Emmerich einen Film für RTL2 dreht, mit einigen bei Wikipedia ermittelten lokalen Sehenswürdigkeiten am Flussbettrand – und das als Live-Hörbuch: So gestaltete sich Cruegers 13. Okergeschichte, als multimediale szenische Lesung dargeboten im Das Kult, entweder Braunschweigs kleinsten Theater oder größten öffentlichen Wohnzimmer. Natürlich muss Autor Crueger seine lokalen Kenntnisse nicht bei Wikipedia nachschlagen, er kennt seine Oker und deren Anrainer wie seinen Gantenkiel. Seiner Geschichte obliegt eine mitreißende Lust am bedingungslosen Zerstören. Der Performance mit Co-Leser Roland Kremer sowie Musiker und Geräuschemacher Schepper am E-Bass fehlt lediglich die mediale Nachbereitung: Das war ganz großes Kopfkino und hätte sich als CD gut gemacht. Gastgeber Thomas Hirche übrigens führte als Vorgruppe ein Puppenspiel nach einer weiteren Crueger-Geschichte auf.

Dem Rezensenten war dieser Besuch im Das Kult eine Premiere. Auch kannte er den Gastgeber bis dahin noch nicht auf der Bühne. Dem charmanten Betreiber gelang es schon mit der Begrüßung an der Kasse, das im Braunschweiger Kulturgeschehen beinahe übliche Gefühl von Familie und Zuhause zu erwecken, und diesen Eindruck auch als Moderator und Künstler zu bestätigen. Hirche eröffnete mit dem Psychothriller, wie Autor Crueger die Geschichte selbst kategorisierte, titels „Ab 18“. Hirche erläuterte, dass er als ansonsten Einmanntheater („Ich spiele immer vor ausverkauftem Haus“) damit den Versuch wagen wolle, sein Konzept auf bis zu sechs Zuschauer auszuweiten, die den Ton per Kopfhörer übertragen bekommen, und die Premiere als weitere Variante einfach mal einem großen Publikum im offenen Raume zu kredenzen. Die 40 Gäste im ausverkauften Das Kult erlebten also den von Autor Crueger eingesprochenen inneren Monolog eines Totmachers, nicht Mörders, der genau darüber sinniert, ein natürlich unschuldiges Opfer in der Oker versenkt und dann wieder zum Tagesgeschäft übergeht, und genau da hat der Autor die bissige Pointe gesetzt. Hirche spielt auf einem aufgeklappten Koffer mit idyllischer Herbstkulisse, die den Bürgerpark darstellt, und fängt nebenbei auch noch souverän einen technischen Fehler auf. Das neunminütige Stück erscheint deutlich kürzer, weil es so kurzweilig ist und das richtige Tempo einhält.

Für den fast zweistündigen Katastrophenthriller (treffende Bezeichnung des Autors) „Der Untergang“ setzten sich Crueger und Kremer auf eine Bühnenseite, Schepper nahm die andere ein, und mittig über sich projizierten sie Ansichten vom Okerstausee und anderen Motiven aus der performten Geschichte. Der Titel ist mehrdeutig und gut gewählt, erinnert er doch nicht umsonst an einen Hitler-Kinofilm, an Schiffsunglücke und an Armageddon gleichzeitig. Harmlos geht es los: Eine Witwe geht mit zwei Profis auf Tauchausflug im Okerstausee, ihr Sohn macht derweil über ihr mit seiner Schulklasse bei einem Lottogewinner als Kapitän eine Seerundfahrt. Crueger leuchtet die persönlichen Hintergründe und Befindlichkeiten aus, baut Sympathien auf, verknüpft Schicksale, kreiert Emotionen. Im Wechsel trugen Kremer und er die Handlungsstränge vor, Schepper intervenierte wie auf einer Hörbuch-CD mit seinen eigenen Tracks, lediglich dreckiger gespielt. Selbst Tauchgeräusche erzeugte der bundesweit renommierte Bassmann auf seinem variablen Apparat.

Als das Tauchtrio auf halber Strecke in einem Alten Mann, also stillgelegten Bergbauschacht, ankommt, gehen mit Crueger die Gäule durch: Um einen Nazischatz geht es, und zwar um nichts weniger als das Bernsteinzimmer, nebenbei auch etwas Gold. Es fließt das erste Blut, noch bevor der übersehene Nazisupersprengstoff AHSS die Katastrophe auslöst. Die Zahl der Toten steigt exorbitant schnell, bis die Okerflutwelle sich endlich bei Müden ausläuft. Crueger berichtet packend und emotional zynisch distanziert. Beispiel: „’Da drüben ist meine Mami getaucht’, dachte der Vollwaise.“ Man spürte den Beschreibungen die diebische Freude an, die der Autor beim Erdenken hatte. Schepper garnierte die Katastrophe mit auf dem Bass erzeugten Explosionseffekten. Nicht zu unrecht sprach später jemand von Neil Youngs „Dead Man“-Soundtrack als Referenz.

Definitiv, was die drei da erzeugten, war Kopfkino erster Kajüte. Es nicht mitgeschnitten zu haben, war ein sträfliches Versäumnis. Den Text gibt es in einer längeren Version lediglich als eBook, aber immerhin, doch ohne die Lesestimmen, Basssounds und Dias ist das sicherlich nur der halbe Spaß. Das war eine Vollprofishow. Kein Wunder, dass am Ende noch diverse Gäste beim gemütlichen Getränk im Saal weiterdiskutierten.

Traum von einer „Kulturfabrik“

Von Falk-Martin Drescher
Braunschweig. Er ist Schauspieler, Theaterdirektor, Techniker, Kartenverkäufer und Putzmann in einem. Thomas Hirche eröffnete vor einem Jahr das KULT, Braunschweigs kleinstes Theater. Am Sonnabend (21. September) lädt es um 17 Uhr zur Jubiläumsparty an den Hagenmarkt 18. Im Interview berichtet Hirche über seine Arbeit und die Bedeutung des KULT.


? Thomas, wie kam es dazu, dass du ein eigenes Theater eröffnet hast?

! Ich wollte immer eine Kulturfabrik à la Andy Warhol eröffnen. 2011 suchte ich allerdings „nur“ einen Proberaum. Über viele Ecken lernte ich den Apotheker Roland Bohlmann kennen. Er stellte mir die Räumlichkeiten vom jetzigen KULT für ein Jahr mietfrei zur Verfügung. Der Raum war so schön, dass ich darüber nachdachte, die Öffentlichkeit an meinem Glück teilhaben zu lassen, und eröffnete das KULT – kurz für „Kleinkunst-Unterhaltungs-Literatur-Theater“. Ich möchte hier vielen darstellenden Künstlern ein Auftrittsforum bieten.

? Was ist das Besondere am KULT?

! Nicht immer nur Altbekanntes, den Mainstream zu bieten, sondern etwas Besonderes, Intimes, fast Familiäres mit Künstlern zum „Anfassen“. Die extreme Nähe zum Publikum ist im kleinsten Theater Braunschweigs Programm.

? Was gibt es in deinem Theater zu sehen?

! Von Anfang an gab es immer am ersten Freitag im Monat „Tasten in der Finsternis“ mit Sven Waida. Ich zeige regelmäßig zwei Papiertheaterstücke: „Robinson Crusoe“ und „In 80 Tagen um die Welt“. Außerdem gibt es Kleinkunst, Autorenlesungen, Zaubern für Erwachsene und Kinder, Schauspiel, szenische Lesungen, Clowns, Musikpantomimen, Chansonsänger, Lyriker und vieles mehr.

? Was sind deine nächsten Projekte?

! Im Moment bereite ich gerade eine Premiere vor. Gemeinsam mit Hardy Crueger, Autor aus Braunschweig, habe ich ein Stück für das „Theater für Einzelgänger“ entwickelt. Es ist ein besonderes Format, bei dem nur eine Person ein dreiminütiges Theaterstück gezeigt bekommt. Es wird dann so oft wiederholt, wie es Zuschauer gibt. Der zehnminütige Psychothriller wird am 16. November als Figurentheaterstück unter dem Namen „Ab 18“ auf die Bühne kommen. Für 2014 ist ein Schauspiel mit Kathrin Nagel und eine Regiearbeit mit Roland Kremer geplant.

Anlässlich des einjährigen Geburtstags erwartet die Besucher ein buntes Programm aus Geschichten, Theater, Jonglage, Lyrik, Livemusik und vieles mehr. Der Eintritt ist frei. Weitere Infos gibt es im Internet unter www.daskult-theater.de

Klein, aber enorm kultig

Von Ann Claire Richter
Theaterdirektor, Künstlerbetreuer, Techniker, Werbemanager, Spieler, Kartenabreißer und Putzmann in einer Person. Als Thomas Hirche vor einem Jahr am Hagenmarkt Braunschweigs kleinstes Theater mit dem Namen „KULT“ eröffnete, ging er frohgemut zur Sache. Eine Bühne für Kleinkünstler, Zauberer, Papiertheater, Bauchredner, Entertainer, darstellende Künstler und noch mehr verrücktes Volk. „Nein, viel Geld lässt sich damit nicht verdienen“, hatte Hirche damals lachend eingeräumt.


Am Wochenende feiert der Direktor mit Freunden und Fans des Hauses in den 80 Quadratmetern den ersten Geburtstag des Theaters. Wir stellten dem Theatermacher drei Fragen.

Sind Sie mit der Auslastung des KULT im ersten Jahr zufrieden?

Im Grunde bin ich mit der Auslastung recht zufrieden. Es muss sich noch mehr rumsprechen, dass es eine Erweiterung der Theaterlandschaft in Braunschweig gibt. Die beste Werbung, die ein Theater haben kann, ist nun mal Mund-zu-Mund-Propaganda. Wem’s gefällt, der erzählt es weiter, kommt wieder und bringt neue Gäste mit. Das dauert seine Zeit.


Gibt es Dinge, die Sie verbessern möchten?

Ich würde gerne leicht aufsteigende Sitzreihen bauen, damit die Zuschauer einen noch besseren Blick auf die ebenerdige Bühne bekommen. Aber dazu fehlen mir momentan noch die finanziellen Mittel.
Was erwartet die Zuschauer bei der Geburtstagsparty?
Beim Geburtstagsfest des kleinsten Theaters Braunschweigs passieren an diesem Tag alle Dinge gleichzeitig. Der Eintritt ist frei. Die hoffentlich vielen Gäste schreiten auf einem „rotem“ Teppich durch den Hausflur. Karsten Hinz von der TU und Freunde bieten im Eingangsbereich Jonglageeinlagen; Anna Rossier wartet auf halber Treppe im Hausflur mit kurzen Geschichten für jeweils zwei bis fünf Zuhörer auf; Sven Waida spielt im Fahrstuhl live Gitarre und lädt die Gäste zum Mitfahren ein. Gina van der Wall erwartet als „Wahrsagerin“ die Gäste in der Künstlergarderobe; Kathrin Nagel wartet als Chinesin verkleidet im Apothekerschrank mit Glückskeksen und Weisheiten, während Thorsten Stelzner es sich im „Lyriksessel“ bequem macht. Andreas Essmann zieht derweil mit einem Bauchladen seine Kreise. Und ich rase als Theaterdirektor den ganzen Nachmittag durch die Gegend und schaue, ob es allen gutgeht.

Stelzner liest noch einmal

Aufgrund großer Nachfrage und eines ausverkauften Kult-Theaters am 26. Juli bietet der Braunschweiger Lyriker und Satiriker Thorsten Stelzner einen Zusatztermin für seine „Ego-Kur“ an: am Freitag, 16. August, 20 Uhr, wir er erneut seine „liederliche Lyrik aus 25 Jahren“ präsentieren.

Reservierung wird aufgrund der geringen Zahl an Sitzplätzen im Kult-Theater, Hagenmarkt 18, dringend empfohlen unter Mobiltelefon 01 76-23 99 38 25.

Liederliche Lyrik mit klassischem Reim

Von Ann Claire Richter
Thorsten Stelzner redet seit einem Vierteljahrhundert in gepfefferten Gedichten Tacheles.
61 Texte aus 25 Jahren in 90 Minuten. Thorsten Stelzner hat sich eine „Ego-Kur“ verordnet. Liederliche Lyrik aus einem Vierteljahrhundert verdichtet auf eineinhalb Stunden. Der siebte Silberling mit Wortdrechseleien. Pressfrisch.

Im kleinen Kult-Theater am Hagenmarkt wird der 50-Jährige am 26. Juli aus der Sammlung lesen. Kleinodien mit dem Titel „Alkohol im Blut“ oder „Der innere Schweinehund“. Griffige Gedanken zu allem Möglichen: Persönliches und Politisches, Herzerwärmendes und Wütendes.

Ein Mann mit Haltung

Stelzner bezieht Stellung. Kein Drumherumredner. Der Mann zeigt Haltung. Dafür wird er gerne von der Gewerkschaft gebucht. Bei einem Warnstreik hat er den 6000 Teilnehmern mal von der Kundgebungsbühne zugerufen: „Jetzt demonstriert ihr während der Arbeitszeit. Aber wo wart ihr bitteschön am 1. Mai?“

Stelzner ist nicht einfach nur gegen „die da oben“. Das ist ihm zu platt. Hat sich sein Feindbild über die letzten 25 Jahre verändert? „Ja, schon. Die Politik hat ja stetig an Handlungsspielraum eingebüßt. Heute bestimmen Wirtschaftsmächte, Großkonzerne. Da hat die Politik nicht mehr viel zu melden.“

Vertont von Andy Bermig

Seine Satire, seine Gedichte, seine Auftritt: Stelzner will motivieren, „den Hintern hochzukriegen“. Nicht nur meckern und motzen, sondern selbst handeln. Tatkräftig mitwirken, Dinge zu verändern. „Wie hätten wir uns in den 80er Jahren über die NSA-Abhör-Affäre aufgeregt. Heute ist doch bei so etwas kaum mehr Aufregung und Zorn zu spüren“, ärgert er sich. Stelzner vermisst bei den meisten Menschen das Engagement über den eigenen Tellerrand hinaus.

„In den 80ern, ja, da saßen wir auf dem Bohlweg und hatten das Gefühl: Das wird schon. Heute haben alle unterschwellig nur noch Angst: vor Jobverlust, um die Zukunft des Kindes, um die Rente und die Krankenversicherung“, sagt Stelzner. Bei aller linken Lebenshaltung steckt aber auch was ganz Konservatives in ihm: Seine Lyrik ist dem klassischen Reim verpflichtet. „Ja“, bestätigt er lachend.

Daher ließen sich seine Gedichte auch sehr schön singen. Gitarrist Andy Bermig hat einige bereits vertont.

Braunschweigs kleinstes Theater

Wenn etwas kleiner ist als das Größte, so ist es darum noch lange nicht unbedeutend“, wusste schon der römische Philosoph Seneca. Braunschweigs kleinstes Theater, das KULT (KleinkunstUnterhaltungsLiteraturTheater) ist zwar in der Tat so klein, dass man es leicht übersieht, dennoch wird hier ein ungewöhnliches, abwechslungsreiches Programm auf die Beine beziehungsweise auf die Bühne gestellt.

„Du stehst auf dem Hagenmarkt, hast den Brunnen im Rücken und schaust auf die Hagenmarkt Apotheke“, beschreibt Theaterdirektor Thomas Hirche die Lage des KULT. Und tatsächlich: Wenn man genau hinschaut, weist ein kleines Schild zwischen Apotheke und Optiker auf das Theater hin. Eine Klingel gibt es nicht, Hirche holt seine Gäste zu Vorstellungen gerne persönlich am Eingang ab – meist stilecht mit Zylinder.

Seit August letzten Jahres betreibt der grauhaarige 46-Jährige, der – in Anlehnung an Andy Warhols Kunstfabrik – schon immer ein eigenes Kulturzentrum haben wollte, das KULT. „Ein Teil wäre ein eigener Theatersaal gewesen“, beschreibt Thomas Hirche mit ruhiger Stimme bei Kaffee und einer selbstgedrehten Zigarette seine ursprünglichen Vorstellungen. Mittlerweile plane er aber kein Kulturzentrum mehr, da bei solch einem Vorhaben viele Leute beteiligt werden müssten und man so irgendwann eher in den administrativen Bereich rutschen würde.„Dafür spiele ich zu gern“, gibt er schmunzelnd zu.

Da Hirche selbst aus dem Straßentheater kommt und die Nähe zum Publikum mag, ist die 4 x 3 Meter große Bühne auf einer Ebene mit dem Zuschauerraum. Insgesamt gibt es im KULT 30 Sitzplätze, das gesamte Theater ist lediglich 80 Quadratmeter groß, wovon allein 50 auf den Theatersaal entfallen. Trotz des begrenzten Platzes gibt es hier jedoch fast alles, was es auch in größeren Häusern gibt – auch eine kuschelige Künstlergarderobe (2 m x 60 cm) mit Tisch und Spiegel darf nicht fehlen. Ganz wie der Theaterdirektor in Goethes „Faust“, der sagte: „Ihr wisst, auf unseren deutschen Bühnen probiert ein jeder, was er mag“, hält es auch Hirche. Zwar betont er, dass es sich beim KULT um „keinen Experimentierboden“ handelt, allerdings gibt es auch keine festen Kriterien, nach denen er entscheidet, was von Kleinkünstlern, Zauberern, Papiertheatern, Entertainern, Bauchrednern, und darstellenden Künstlern aufgeführt wird.

Erlaubt ist, was dem Direktor gefällt – und über mangelnde Abwechslung kann man sich wahrlich nicht beschweren: Auf dem Spielplan stehen aktuell eine Autorenlesung, ein literarisches Kabarett, ein „Robinson Crusoe“-Papiertheater und eine FSK-16-Zaubershow mit echten Schlangen, bei der es „etwas derber“ zugeht. Die Veranstaltung „Tasten in der Finsternis“, bei der in völliger Dunkelheit Klavier gespielt wird und der Pianist sich „von einer Taste zur anderen tastet“, findet jeden ersten Freitag im Monat (außer Juni) statt. Wer Lust auf einen kleinen aber feinen Theaterbesuch bekommen hat, sollte telefonisch oder online reservieren. Hereinspaziert!
Text: Hannes Graubohm / Fotos: Hannes Graubohm

Der Zauber des Morbiden

Von Michael Völkel
Zum Schluss verwandelt er ein Seil in eine lebendige weiße Schlange. Staunen im Theater „Das Kult“. Was ist das für ein Reptil? „Eine 20-Schritt-Schlange“, berichtet Professor Abraxo. „Wenn die beißt, können Sie noch 20 Schritte gehen.“ Dann erzählt er von einem Zuschauer, der daraufhin sagte: „20 Schritte? Das könnte bei mir noch Jahre gutgehen.“

Abraxo ist ein besonderer Magier. Kein Zauberer, der mit großer Geste Nummer nach Nummer vorführt, sondern ein entspannter Quacksalber, der ruhig erzählt und auf jeden Zwischenruf reagiert.

Er hat ein Schlangenöl erfunden, das Beachtliches leistet. Zerrissene Zeitungsseiten sind nach dem Beträufeln wieder ganz. Papier wird zu Geldscheinen. Bälle quietschen nur, wenn er sie drückt. Schlangen kriechen aus zuvor leeren Kisten, und bei zusammengeknoteten Seilen wandert plötzlich der Knoten. Am Freitagnachmittag präsentierte er das Wundermittel vor gebannt zuschauenden Kindern. Abends dann: Eintritt erst ab 16 Jahren. Da wurde es etwas radikaler.

Ein nach vorn Geholter hört zum Beispiel den Satz: „Wir machen eine OP am offenen Gehirn. Habe ich das gar nicht gesagt?“ Immer skurrilere Geräte kommen zum Einsatz. Sehen kann er sie nicht. Er sieht nur das Publikum, das empathisch reagiert: „Ach du Schande“. Drei große Steine werden ihm schließlich aus dem Kopf entfernt. Für einiges Stöhnen sorgt auch Abraxos’ durch die Nase geschobener Faden, den er am Auge wieder rauszieht.

Dramatischer Höhepunkt des Abends ist der Versuch, sich eine dicke Nadel durch die Zunge zu schieben. Eine Zuschauerin liest die Anleitung vor. „Aber vorher unbedingt die echte Nadel gegen die präparierte tauschen“, heißt es schließlich, als die Zunge schon durchbohrt ist. Da bleibt nur die Amputation. Dazu viele Effekte, vom rauchenden Topf bis hin zum brennenden Notfallhandbuch.

Viele der Tricks sind simpel. Doch der Abend macht Spaß – auch durch die charmante, zugewandte Art des schrulligen Wissenschaftlers. Atmosphäre wie bei einem Familienfest. Viele Zuschauer kommentieren. Fast jeder wird mal zum Assistenten.

Dargestellt wird der Professor von Marc Mense. Er schrieb 2006 die erste Monographie über australische Rautenpythons und führt eine der größten Python-Zuchten in Europa.

50 erwachsene Schlangen hat er zu Hause. Jährlich kommen bis zu 300 Babys dazu. Nach der Show ließ er seine – dann doch ungiftigen – Schlangen noch streicheln und erzählte, dass sie mit der Zunge riechen können.

Tastenkünstler in der Finsternis

Von Ann Claire Richter
Stockfinster. Kein Schimmer. In Braunschweigs kleinstem Theatersaal soll es an diesem Abend zappenduster sein. Der Pianist Sven Waida will in totaler Dunkelheit spielen. Wie ein Blinder. „Tasten in der Finsternis“ heißt das Programm. Einmal im Monat improvisiert er hier, immer freitags.

Rund 20 Neugierige sind ins kleine „Kult“-Theater am Hagenmarkt gekommen. Wie mag das gehen? Hört man anders, wenn keine ablenkenden Reize die Sinne trüben? Noch ist das Licht an. Noch können alle sehen, wer da gleich Musik machen wird. Theaterdirektor Thomas Hirche begrüßt charmant und sagt zu dem ungewöhnlichen Konzept: „Er kann es, und ich hab‘ die Räumlichkeiten.“

Der Mann am Keyboard knetet seine Finger. Wie zum Gebet. Mit geschlossenen Augen tastet er sein Instrument ab, prägt es seinen Fingerspitzen und dem Gedächtnis ein. Um ihn herum einige Percussion-Instrumente: Rassel, Regenmacher, Klapperschlange. Auch ein Akkordeon ist dabei und eine Blasharmonika für Kinder. Waida ist schon ganz versunken, atmet bis in die Tiefen des Brustkorbs. Faltet die Hände. Seufzt. Das Licht geht aus. Eine kichert in die Stille hinein. Einer zischelt: „Pssst!“ Ein Stuhl knarzt. Noch ist eine gewisse Nervosität im Raum. Nach einigen Sekunden der erste Ton – wie ein Windhauch mit Meeresrauschen. Dann Glöckchenklang. Der Beginn eines ganz besonderen Konzerts...

Sven Waida kann vom Musikmachen nicht leben. Sein Geld verdient er als Informatik-Ingenieur. Aber Musik ist seine Leidenschaft. Geweckt an der Kirchenorgel in Cremlingen. Da war er elf oder zwölf.

Dann starb der Organist, der ihm ein guter Lehrer war, und der junge Waida machte autodidaktisch weiter. Nahm an vielen Jam-Sessions teil und geriet schließlich an einen neuen Lehrer: Otto Wolters, die Braunschweiger Jazzpiano-Legende. Dann immer wieder Auftritte in der kultigen Musikkneipe „Die Schüssel“ im Uni-Viertel. Waida machte Musik unter anderem mit Sebastian „Seppl“ Scheil, dem Saxofonisten, und Vanessa Maurischat, der Chansonette.

Bei der Party eines Freundes, der in einer alten Windmühle lebt, hatte sich Waida irgendwann in einen Nebenraum verzogen, weil dort das Klavier stand. Kein Fenster, kein Strom, kein Licht. Stockduster. Waida spielte, und mehr und mehr Partygäste kamen und lauschten. Ein aufregender Abend, der zeigte, dass Tasten auch in der Finsternis gefunden werden können.

Im vergangenen Jahr bekam Theaterdirektor Hirche bei einer Probe in der Brunsviga mit, dass Waida noch spielen konnte, wenn ihm das Licht längst schon abgedreht war – und spontan lud er ihn zu sich ins kleine „Kult“ ein.

Dort hat sich Waida inzwischen prächtig eingespielt. Er erzählt Geschichten ohne Worte. Bassiges Donnergrollen. Auf einmal eine quäkige Entenstimme. Als sei jemand Donald Duck aufs Bürzel getreten, und der zetert nun. Dann wieder jazzige Piano-Klänge und Gesang wie von Louis Armstrong. Wir sind ganz entrückt in diesem winzigen, stockfinsteren Raum voller Überraschungen. Die Wirklichkeit des Hagenmarkts ist weit weg, und die Musik geht unmittelbar ans Gemüt. Es brummt fernöstlich und spirtuell. Waida, der Schamane. Ein Pfeifen, ein Rasseln. Sphären-Klänge wie aus einem Traum. Nun ein bisschen Synthie-Pop. Dann ein herber Kontrast: Easy-Listening-Klänge wie aus dem Fahrstuhl.

Später in der Pause wird Friederike Leithner, eine professionelle Pianistin, sagen: „Das ist gekonnt und eine super Idee.“ Nur der Musikstil ist nicht ganz ihre Welt. Sie mag es lieber klassisch. „Es wäre sicher faszinierend, mal ein paar Chopin-Nocturnes im Dunklen zu spielen“, sinniert die Piano-Pädagogin.

Waida wird ihr in dieser Pause anvertrauen, dass er bei der Improvisation in der Dunkelheit auch vertraute Muster und Elemente einbringe, aber das Meiste entstehe spontan. „Und ab und zu greife ich auch mal ordentlich daneben“, sagt er lachend. Am Ende des Konzerts werde er ein Lied bei Licht spielen. „Das ist mit seinen Sechsklängen enorm komplex, das geht im Dunkeln einfach nicht.“

Pause vorbei. Wilder, etwas durchgeknallter Jazz. Interessant. Minutenlang geht das so. Dann ein Schnarren. Windgeräusche. Und schließlich ein Gedicht, das vom Vergessen handelt und von verblassenden Wunden. Am Ende wieder das Glöckchen. Als wär’s das Wecksignal aus der Hypnose. Im Licht ist deutlich zu erkennen: Waida ist erschöpft, durchgeschwitzt – und glücklich. Die 20 Zuschauer applaudieren von Herzen. Ein spannender Abend.

Der nächste Termin „Tasten in der Finsternis“ ist am Freitag, 1. März, 20.30 Uhr, im „Kult“, Hagenmarkt 18.

Mit 30 Plätzen das wohl kleinste Theater der Stadt

Von Ann Claire Richter
Thomas Hirche will im KULT am Hagenmarkt professionellen Kleinkünstlern und sich selbst eine Bühne bieten.
Thomas Hirche: Theaterdirektor, Künstlerbetreuer, Techniker, Werbemanager, Spieler, Kartenabreißer und Putzmann in einer Person.
Alles da, was das Herz begehrt: Bühne, Stühle, Künstlergarderobe… Sogar eine Sektbar. Und ein Kühlschrank. Im KULT am Hagenmarkt, Braunschweigs wohl kleinstem Theater, ist’s ein bisschen übersichtlicher als anderswo. Insgesamt 80 Quadratmeter, davon 50 für die Aufführungen.

KULT: das steht für KleinkunstUnterhaltungsLiteraturTheater. „Keine Experimentierbühne zum Ausprobieren, sondern ein Theater für etablierte Kleinkünstler!“, betont Thomas Hirche. Der 45-Jährige ist Direktor, Künstlerbetreuer, Techniker, Werbemanager, Spieler, Kartenabreißer und Putzmann in einer Person.

Hirche ist spartanische Verhältnisse gewohnt. Ein Minimalist. Spielt gerne auch mal aus dem Koffer. Im vergangenen Jahr berichteten wir über sein „Theater für Einzelgänger“ – drei Minuten Aufführung für einen einzigen Zuschauer. Hirche macht seit fast drei Dekaden Theater. Hat unter anderem beim Peiner Gewerkschaftskabarett „Querköppe“ gespielt und bei den Wolfsburger „Culturfreaks“. Früher war er mal Schlosser und von 1999 bis 2009 auch Sucht- und Drogenberater in Goslar. Ein Mann also, der ein bisschen was vom Leben versteht.

Unter dem Namen „Me, myself and I“ führt er auch Papiertheater für 15 Personen auf oder präsentiert sich als Walk Act auf einem Einrad.

Nun also ist er Theaterdirektor. Empfängt jeden seiner Gäste in der kleinen Wohnung neben der Apotheke am Hagenmarkt persönlich. In Zylinder und Gehrock.

Die Stühle – ungefähr 30 passen rein – sind zusammengeklaubt von Flohmärkten oder mitgenommen vom Straßenrand vor der Sperrmüllabholung, „Ommastühle“, sagt Hirche grinsend. Alles ganz liebevoll gemacht. Die Eingangstür des Spielraumes säumt ein schmuckes Girlandenornament, filigran ausgeschnitten aus einer Tapete. Ein surrealistischer Dali ziert die Decke der Toilette. Unisex, nicht getrennt für Männlein und Weiblein. So viel Platz gibt das Theater nicht her. Und an den Decken baumeln Kristallleuchter. „Die hab ich von der Spende einer Freundin gekauft“, sagt Hirche. Die Lüster heißen nun Angela, nach der edlen Spenderin.

„Ich möchte eigene Stücke aufführen, darstellenden Künstlern ein Auftrittsforum bieten, ein Proberaum für Theaterprojekte bereitstellen und außerdem einen Raum für theaterrelevante Seminare anbieten“, erklärt Hirche. Um Fördergelder durch Steuermittel will Hirche nicht nachsuchen. „Ich versuche es erst mal ohne Anträge für städtische Zuschüsse“, betont er fast ein bisschen kämpferisch. Nein, viel verdienen lasse sich mit dem KULT sicher nicht. Eine feste Gage für Künstler wird’s nicht geben. „Risikoteilung: Sie werden prozentual an den Einnahmen beteiligt.“

Hirche ist ein bisschen stolz, dass er an historischem Ort spielen wird. „Früher existierte hier am Hagenmarkt das Opernhaus in Braunschweig – von 1690 bis zu seiner Schließung 1861. 1772 wurde dort Lessings Emilia Galotti und 1829 Goethes Faust uraufgeführt.“

Im KULT gibt’s schon einen Jour Fixe: An jedem ersten Freitag im Monat, 20.30 Uhr, steht „Tasten in der Finsternis“ auf dem Programm. An den Tasten: Sven Waida. Der Pianist im Dunkeln jazzig improvisieren.

Vom Stahlwerk auf die Theaterbühne: Der gebürtige Schmedenstedter Thomas Hirche arbeitet weiter an seinem Traum vom eigenen Theater.

Rückblick: Nach der Schule lernte Hirche zunächst den Beruf des Stahlbauschlossers in Peine, aber da war schon immer so eine Liebe zum Theater und zur Schauspielerei. „In der Schule und während der Ausbildung habe ich in Theatergruppen mitgespielt und die ‚Peiner Querköppe‘ mitgegründet“, erinnert sich Hirche an die Anfänge seiner Karriere auf den Bühnenbrettern.

Der Liebe wegen zog es ihn schließlich nach Wolfsburg, wo er sich der Gruppe Culturfreax anschloss und jedes Jahr eine Produktion mitmachte. Hirche holte den Realschulabschluss nach, besuchte die Berufsaufbauschule Technik und studierte schließlich Soziale Arbeit in Braunschweig.
„1998 habe ich meinen Abschluss gemacht und dann zwölf Jahre in der Goslarer Drogenberatungsstelle gearbeitet. Dort hatte ich viel mit integrativer Gestalttherapie zu tun und habe mich zum Suchttherapeuten weitergebildet“, erklärt der Schauspieler.

Während dieser Zeit trat er zunächst mit Kollegen, später dann alleine mit Straßen- und Figurentheater auf. 2009 wurde daraus das Theater „Me, Myself and I“ mit bundesweiten Auftritten. „Ich habe oft noch meinen Klon dabei, eine Puppe, die mir sehr ähnlich ist. Eine Form meines Theaters ist das Zwiegespräch an einer kleinen Bühne auf öffentlichen Plätzen, das ‚Theater für Einzelgänger‘. Sobald jemand mir gegenüber Platz nimmt, geht es los. Da ist mein Theater dann auch schon ausverkauft“, sagt Hirche mit einem Augenzwinkern.
Ein paar, aber nicht wesentlich mehr Plätze, bietet sein Kult-Theater in Braunschweig, das er seit Sommer betreibt.

„Ein Apotheker war mal in einer meiner Vorstellungen und hat mitbekommen, dass ich einen Probenraum suche. Da hat er mir den Raum am Hagenmarkt angeboten und mittlerweile nutze ich diesen auch als Theater für 20 Gäste“, erläutert der Schauspieler. Nach Anmeldung kann man dort Robinson Crusoe als Papiertheater erleben, mit Lessing Kaffee trinken oder den Klaviertasten in der Finsternis lauschen, um nur einige Programmpunkte zu nennen.
Gerne würde Hirche sein kleines Theater weiter betreiben. Dazu laufen gerade Verhandlungen, denn der jetzige Vertrag läuft im März aus.

KULT IST ERÖFFNET: Das neue, feine, charmante Theater

Das Opernhaus am Hagenmarkt in Braunschweig existierte von 1690 bis zu seiner Schließung 1861. Es war nach München (Salvatorplatz) und der Hamburger Oper am Gänsemarkt das dritte für die Allgemeinheit zugängliche Opernhaus in Deutschland und war in seiner Blütezeit während des 18. Jahrhunderts von überregionaler Bedeutung. 1772 wurde dort Lessings Emilia Galotti und 1829 Goethes Faust uraufgeführt. (Wikipedia)

Jetzt entsteht gegenüber (Am Hagenmarkt 18) mein neues, feines, charmantes Theater: Das KULT
Das KULT ist keine Experimentierbühne zum Ausprobieren, sondern ein Theater für etablierte Kleinkünstler. Ich möchte eigene Stücke aufführen, darstellenden Künstlern ein Auftrittsforum bieten, ein Proberaum für Theaterprojekte bereitstellen und außerdem einen Raum für theaterrelevante Seminare anbieten.

Räumlichkeiten: Das KULT ist 80 m2 groß, mit einem Aufführungsraum von 50 m2. Somit das kleinste Theater Braunschweigs. Es besitzt einen Empfangsraum, eine Garderobe für Künsler und Gäste und eine Toilette. Die Bühne ist ebenerdig und mit dem Minimum an Technik ausgestattet, die man für einen Auftritt benötigt.
Ich selber bin Tournee-Theaterspieler, mit meinem Theater ME, MYSELF AND I und biete ein umfangreiches Kleinkunstprogramm mit walk acts und Figurentheater an. Wie es sich in meinem theaternamen widerspiegelt, bin ich Solo unterwegs. Auch das KULT werde ich selbständig betreiben. Ich bin dort Theaterdirektor, für das booking und die Künstlerbetreuung verantworlich, Techniker, Werbemanager, Spieler, Kartenabreißer und Putzmann.

Der Raum wurde mir als Proberaum zur Verfügung gestellt. Die Idee, ihn für Publikum zu öffnen, ist erst nach und nach entstanden. Auf der Suche nach geeigneten Künstlern ist z.B. auch die Idee entstanden, ein Varieté Show vorzubereiten. Die Verwirklichung könnte noch in diesem Jahr umgesetzt werden. Bis dahin gibt es schon das Programm für Oktober:
30.09.2012 15:00 Uhr Papiertheater "In 80 Tagen um die Welt"
30.09.2012 17:00 Uhr Papiertheater "In 80 Tagen um die Welt"
05.10.2012 20:30 Uhr Tasten in der Finsternis
13.10.2012 20:00 Uhr Impro-exklusiv mit der nagelneuen Braunschweiger Gruppe "4gewinnt" Der erste öffentliche Auftritt.
19.10.2012 20:00 Uhr Friedhelm Kändler, ein Wortakkrobat Sondergleichen
28.10.2012 15:00 Uhr Papiertheater "In 80 Tagen um die Welt"
28.10.2012 17:00 Uhr Papiertheater "In 80 Tagen um die Welt"
Für alle Veranstaltungen gilt, wegen der begrenzten Platzzahl, weiterhin Anmelde"pflicht" !
Denn, ich will Niemanden am Aufführungsabend wieder wegschicken müssen, weil kein Platz mehr frei ist.